Editorial Juli/August 2024

Monatsspruch Juli 2024

Du sollst dich nicht der Mehrheit anschließen, wenn sie im Unrecht ist, und sollst in einem Rechtsstreit nicht so aussagen, dass du dich der Mehrheit fügst und das Recht beugst.
Exodus 23,2

Monatsspruch August 2024

Er heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden.
Psalm 147,3

 

Liebe Lesende, liebe Freund:innen, liebe Geschwister im Glauben!

Unser Sommer-Gemeindebrief blickt auf zwei Monate. Insofern schauen wir auch auf zwei Monatsverse. Sie sind beides: Mahnung und Trost.

Unabhängig zu sein, ist einerseits ein starker Wunsch. Individualität bedeutet den meisten Menschen sehr viel. Andererseits fällt es schwer, zum Außenseiter zu werden. Wir wollen mittendrin und doch unverwechselbar sein. Ein schmaler Grat. Meinen, was alle meinen, gibt Sicherheit. Eine eigene Meinung zu haben ist dann schwer, wenn ich damit allein bin. Wegen der Unsicherheit, ob ich nicht doch falsch liege. Und wegen der Einsamkeit, in die ich dadurch geraten kann.

Wenn Mehrheit und Wahrheit identisch sind, sehr fein. Dann fällt es nicht schwer, auszusprechen, was ist. Wenn aber die Wirklichkeit verdreht wird und eine Mehrheit mitgeht, ist es nicht leicht, sogar mutig, bei der Wahrheit zu bleiben. Bei Fragen des Rechts ist es gerade die Unabhängigkeit des Gerichts, die zählt. Das Recht zu beugen, Unrecht zu sprechen – führt ins Verderben! Wir dürfen nicht leugnen, was doch offensichtlich ist, die Augen nicht verschließen vor dem, was wahr ist. Sagen, was ist. Hier zeigt sich, wessen Geistes Kind eine Gesellschaft ist. Wie steht es unter uns um das Recht, auch das der Schwächeren, um die Menschenrechte, um das Recht alles Lebendigen, einschließlich der Natur?

Unrecht, soweit das Auge reicht. Das ist unsere Wirklichkeit. So viel Leid, überall, auf der ganzen Welt; was Menschen einander antun, bricht einem das Herz. Wie wir mit der Natur umgehen, mit der gesamten Schöpfung, verwundet unsere Seelen. Es ist kaum auszuhalten. Unsere zerbrochenen Herzen, unsere seelischen Schmerzen, sollen eines Tages Heilung erleben. Linderung finden wir ab und an – und bleiben doch verwundet wegen des großen Unrechts, in das wir alle verstrickt sind.

Es ist das Versprechen Gottes, Heil zu schaffen, Frieden, Gerechtigkeit – Liebe, die alles verwandelt. Das tröstet uns. Und wir sehen nicht nur das Grauen. Denn die Schöpfung ist immer noch wundervoll und bunt. Was für ein Reichtum. Immer wieder findet sich Liebe unter den Menschen, ja, sie ist da, welch ein Segen! Noch ist nicht alles gut, aber etwas Neues hat schon längst begonnen, das Reich Gottes ist gekommen.

Einen schönen Sommer allen!
Peter Jörgensen